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Resilienz in der Automatisierung – wenn Intelligenz alleine nicht reicht

  • Autorenbild: Philipp Futterknecht
    Philipp Futterknecht
  • 23. Okt.
  • 2 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 24. Okt.

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Warum Reife in der KI-Automatisierung nicht an Genauigkeit, sondern an Anpassungsfähigkeit gemessen werden sollte


In fast jedem Vortrag über KI und Automatisierung taucht dasselbe Narrativ auf: Mehr Daten, mehr Modelle, mehr Präzision – und alles läuft wie von selbst.

Nur leider ist das ein Labortraum.

In der Realität ist Automatisierung selten linear. Prozesse sind dynamisch, widersprüchlich, menschlich.


Und genau hier entscheidet sich, ob eine Automatisierung wirklich „reif“ ist – oder nur gut aussieht, solange alles nach Plan läuft.



Was Reife wirklich bedeutet


Die Reife einer Automatisierung zeigt sich nicht daran, wie perfekt sie in der Demo funktioniert,

sondern daran, wie stabil sie mit Abweichungen umgeht.


Aus meinen Erfahrungen beschreibe ich das als die Fähigkeit, aus Unvorhergesehenem zu lernen, ohne zu kollabieren.


Ein robuster Prozess erkennt, wenn etwas anders ist als erwartet – und kann damit umgehen:


  • Er korrigiert sich selbst oder sucht alternative Pfade.

  • Er ruft einen menschlichen Eingriff ab, bevor Schaden entsteht.

  • Er dokumentiert, was passiert ist, damit das System beim nächsten Mal besser wird.


Resilienz ist also nicht das Gegenteil von Fehlern, sondern der intelligente Umgang damit.



KI-Agenten und die Illusion der Perfektion


Viele der heutigen KI-„Agenten“ sind beeindruckend, solange sie auf bekannte Muster treffen.

Doch sobald etwas außerhalb des Trainingsdatensatzes passiert, reagieren sie nicht adaptiv – sondern irritiert.


Ein reales Beispiel aus einem Kundenprojekt:

Ein KI-System sollte Bestellungen automatisch zuordnen.

In der Testumgebung funktionierte das fehlerfrei.

Im Live-Betrieb änderte ein Lieferant eine Feldbezeichnung von „Artikelnummer“ zu „Produktcode“.

Das System stoppte. Kein schwerer Fehler, aber genug, um den gesamten Ablauf lahmzulegen.


Was hier fehlte, war nicht Intelligenz, sondern Resilienz die Fähigkeit, das Unerwartete zu verarbeiten, statt zu kapitulieren.



Erfahrung bleibt unersetzlich – auch im KI-Zeitalter


Erfahrene Mitarbeiter erkennen Muster, bevor sie formalisiert sind.

Sie wissen, wann eine Abweichung normal ist und wann sie gefährlich wird.

Sie haben Kontext – und genau das fehlt vielen KI-Systemen.


Automatisierung ohne menschliches Erfahrungswissen ist wie ein Autopilot ohne Sensoren: beeindruckend, solange das Wetter stabil bleibt. Doch wenn Turbulenzen kommen, braucht es jemanden, der versteht, was eigentlich passiert.

Darum ist Resilienz in der Automatisierung kein rein technisches Thema – es ist eine architektonische und kulturelle Eigenschaft.

Systeme müssen so gebaut sein, dass sie lernen, sich korrigieren und Menschen sinnvoll einbeziehen.



Von Präzision zu Anpassungsfähigkeit


Wir sollten aufhören, Automatisierung an Präzisionsquoten zu messen.

Eine Lösung, die 99 % der Standardfälle perfekt abdeckt, aber am 1 % der Sonderfälle scheitert, ist im Unternehmensalltag wertlos.


Die Zukunft liegt in Systemen, die in Unsicherheit bestehen –

die lernen, statt zu brechen.

Das ist wahre Reife.


Resiliente Automatisierung bedeutet:


  • nicht alles vorhersehen zu müssen,

  • menschliche Erfahrung einzubinden,

  • und flexibel genug zu sein, um das Unerwartete zu überleben.



Fazit: Reife ist kein Zustand, sondern eine Fähigkeit


Hyperautomatisierung ist mehr als ein Effizienzprojekt – sie ist eine Einladung, Organisationen lernfähig zu machen.


Reife KI-Systeme sind nicht die, die nie scheitern,

sondern die, die besser zurückkommen.


Oder, um es im Stil eines erfahrenen Sachbearbeiters zu sagen:

„Automatisierung kann vieles übernehmen, nur das Denken müssen wir ihr noch beibringen.“

 

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